Integration, Jugendschutz, Unbestechlichkeit, Fairness: Die Werte, die in einem modernen Sportverein gelebt werden sollen, dürften klar sein. Dass es allerdings oft nicht ganz so regelkonform zugeht, auch das ist leider bekannt. Die Anwärter/innen der Demokratietrainer/innen-Ausbildung haben im vierten Modul „Good Governance – Demokratische Arbeit im Sport“ gelernt, wie Lösungen aussehen.
Compliance: Das klingt nach Zahlen, Wirtschaft und ganz viel Bürokratie. Klar, schließlich geht es häufig um Bestechlichkeit oder unsaubere Geschäfte in Betrieben. In den vergangenen Jahren hat sich aber ein neues Bewusstsein darüber gebildet, wie wichtig Compliance – das Festhalten und Durchsetzen gemeinsam definierter Werte und Normen – eigentlich ist. Dazu hat sich das Orga-Team von Team-Sport Bayern diesmal etwas ganz besonderes einfallen lassen. Denn zum Wochenendseminar in die Jugendbildungsstätte nach Würzburg sind nicht nur Sabine Sommer und Günther Jackl als Referent/innen gekommen, sondern auch Thomas Mück. Der Leiter der Akademie der Adolf Würth GmbH & Co. KG gib bereits am ersten Abend einen Einblick in seine Arbeit, wo Compliance eine ganz besondere Rolle spielt. Er ist einer von vielen Personen in seiner Firma, die sich um die Aufstellung und Einhaltung der Regeln kümmern.
Mück stellt vor, worauf es bei der Einführung einer Compliance ankommt. Ganz besonders wichtig ist ihm die Definition von Werten – abgestimmt auf das jeweilige Handlungsfeld. Denn schließlich haben Industrieunternehmen andere Werte als Sportvereine. Vieles haben sie jedoch gemeinsam: Die Menschenrechte müssen gewahrt werden, Inklusion und Antidiskriminierung spielen in beiden Bereichen und in der gesamten Gesellschaft eine zentrale Rolle.
Bereits am Freitag erhalten die Teilnehmenden einen Eindruck, wie groß die Bereiche Compliance und Good Governance eigentlich sind – und wie groß auch der Personenkreis ist, der bei der Errichtung von Regeln mit ins Boot geholt werden muss.
Endgültig klar wird das dann am Samstag, als Referentin Sabine Sommer anhand des Konzepts „Betzavta“ weiter in das Thema einführt. „Betzavta“ ist hebräisch und bedeutet „Miteinander“. Entsprechend kommt das Konzept auch aus Israel. Die Teilnehmenden erfahren in einer ersten Aufgabe, was es heißt, mit Betzavta zu arbeiten. Alle bekommen Moderationskarten, auf die sie ihre Namen schreiben müssen – bis auf zwei Personen. Einzige Arbeitsanweisung: „Wer am Ende die meisten Karten hat, darf Regeln und Sanktionen bestimmen“, meint Sommer.
Was folgt, ist eine Lehrstunde in Demokratiebildung. Teilnehmer Leon versucht gleich zu Beginn, eine große Zahl an Namen zu sammeln, schnell bildet sich eine Opposition. Nach vielem Hin und Her haben am Ende die Demokratietrainer-Auszubildenden Astrid und Clemens die meisten Karten. Letzterer möchte keine Regeln aufstellen, also geht die Regeldefinition an Astrid. Auch sie hadert in der mittlerweile so zusammengewachsenen Gruppe mit der Regelaufstellung. Auch Sanktionen soll es möglichst keine geben. Die Übung zeigt, wie schwer es eigentlich sein kann, Regeln einzuführen.
Das gesamte Wochenende steht im Zeichen der Identifikation von Gruppendynamiken. Am Samstagabend wird „Luftballon-Handball“ gespielt. Die Teams werden nach Größe der Mitspielenden eingeteilt, es spielt Klein gegen Groß. Zu Beginn muss der Luftballon auf ein Tor auf Bodenhöhe gespielt werden – das „kleine“ Team geht in Führung. In der zweiten Halbzeit werden die Regeln geändert: Das Tor geht nun vom Boden bis zur Decke. Die Folge: Die „Großen“ nutzen ihre Lufthoheit und gewinnen schließlich. Die unmissverständliche Botschaft: Von Regeln hängt unheimlich viel ab.
Damit es nicht nur bei der Theorie bleibt, gibt Referent Günther Jackl am Sonntag Einblick in seine Arbeit als Sportfunktionär und Betriebsratsvorsitzender. In Gruppen erstellen die Teilnehmenden erste Compliance-Richtlinien zur Anwendung im Sportverein. Ihnen wird klar: In dem Bereich ist sowohl auf Vereins- wie auch auf Verbandsebene noch viel Arbeit zu erledigen. Mit dem Wissen aus dem Ausbildungsmodul können sie diese aber angehen.
Weiter geht es bereits in zwei Wochen mit dem Modul zur „Systematischen Beratung im Sport“. Es wird bereits das vorletzte Modul des ersten Ausbildungsdurchgang gewesen sein.