Tho­mas Neu, Abtei­lungs­lei­ter Ju-Jutsu im TV Fürth 1860, hat im Rah­men sei­ner Aus­bil­dung zum Demo­kra­tie­trai­ner das Pra­xis­pro­jekt „Grund­la­gen für Good Gover­nan­ce und Com­pli­ance in einem Ver­band / Ver­ein“ ent­wi­ckelt. Es stellt die essen­zi­el­len Prin­zi­pi­en und Instru­men­te einer respekt­vol­len und regel­kon­for­men Ver­bands­füh­rung vor. Zur Nach­ah­mung empfohlen.

Wer­te im Sport haben schon immer eine her­aus­ra­gen­de Bedeu­tung. Dass die­se nicht nur benannt, son­dern auch kon­se­quent umge­setzt und im All­tag gelebt wer­den kön­nen, dafür braucht es ent­spre­chen­de Struk­tu­ren. Und genau die­se ste­hen im Mit­tel­punkt des Pra­xis­pro­jekts von Tho­mas Neu. Der Abtei­lungs­lei­ter Ju-Jutsu im TV Fürth ana­ly­siert dazu den Umgang mit Wer­ten in Wirt­schaft, Insti­tu­tio­nen, Sport­ver­bän­den und ‑ver­ei­nen. In gro­ßen Unter­neh­men, wie BMW oder der Fir­ma Würth, ist Wer­te­ori­en­tie­rung meist „gelernt“, sie steht  unter den Über­schrif­ten „Good Gover­nan­ce“ und „Com­pli­ance“.  Die Basis jeder Orga­ni­sa­ti­on, sei es ein Unter­neh­men wie Würth oder BMW, oder sei­en es Dach­ver­bän­de von Sport­or­ga­ni­sa­tio­nen wie UEFA, DOSB und DJJV wie auch Lan­des­ver­bän­de, Ver­ei­ne oder Abtei­lun­gen, bil­det ein respekt­vol­ler Umgang und ein koope­ra­ti­ves Mit­ein­an­der. Die­se Grund­ele­men­te, so Neu in sei­ner grund­le­gen­den Arbeit, for­men die Säu­len von Good Gover­nan­ce und Com­pli­ance, die ent­schei­dend für eine gesun­de Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur sind.

Good Gover­nan­ce

Zum Ver­ständ­nis schickt Tho­mas Neu zunächst ein­mal eine Begriff­klä­rung vor­an. Good Gover­nan­ce bedeu­tet wört­lich „gute Füh­rung“ oder „gute Regie­rungs­füh­rung“. Es beschreibt die Art und Wei­se, wie in einem Ver­band Ent­schei­dun­gen getrof­fen und umge­setzt wer­den. Dabei geht es nicht nur um die Füh­rungs­gre­mi­en wie Prä­si­di­um und Vor­stand, son­dern um die gesam­te Mit­glied­schaft, wie sie unter ande­rem auch durch Ver­eins­ver­tre­ter beim Ver­bands­tag reprä­sen­tiert wer­den. Dabei wird stets auch die Mei­nun­gen und Bedürf­nis­se von Min­der­hei­ten und Schwa­chen berücksichtigt.

„Good Gover­nan­ce beschränkt sich nicht auf das Füh­rungs­gre­mi­um. Es betei­ligt die gesam­ten Mit­glie­der und berück­sich­tigt die Bedürf­nis­se aller, ins­be­son­de­re der Min­der­hei­ten“, erläu­tert Tho­mas Neu. So ent­ste­he die Grund­la­ge für eine demo­kra­ti­sche und inklu­si­ve Verbandsstruktur.

Cor­po­ra­te Gover­nan­ce
Cor­po­ra­te Gover­nan­ce, über­setzt als „Unter­neh­mens­füh­rung“ oder „Unter­neh­mens­ver­fas­sung“, ist geprägt von Trans­pa­renz und Effek­ti­vi­tät. Es umfasst die Rechen­schafts­pflicht gegen­über allen Mit­glie­dern eines Ver­ban­des oder Ver­eins. Das bedeu­tet, dass alle Betrof­fe­nen und Betei­lig­ten über die Ent­schei­dun­gen und Hand­lun­gen infor­miert wer­den und die­se nach­voll­zie­hen können.

Com­pli­ance
Com­pli­ance bedeu­tet die Ein­hal­tung von Geset­zen und Regeln. In einem Ver­band müs­sen das Prä­si­di­um und der Vor­stand dafür sor­gen, dass alle ver­bind­li­chen Bestim­mun­gen ein­ge­hal­ten wer­den. Dies kön­nen gesetz­li­che Vor­schrif­ten oder auch frei­wil­lig auf­er­leg­te ver­eins- oder ver­bands­in­ter­ne Regeln sein. Ein funk­tio­nie­ren­des Com­pli­ance-Manage­ment hilft dabei, Regel­ver­stö­ße früh­zei­tig auf­zu­de­cken oder zu verhindern.

 „Com­pli­ance umfasst alle Maß­nah­men, die das regel­kon­for­me Ver­hal­ten aller Ver­bands­an­ge­hö­ri­gen sicher­stel­len“, erklärt Tho­mas Neu. „Es ist ein kon­ti­nu­ier­li­cher Pro­zess der Risi­ko­ab­wä­gung und Systemprüfung.“

Ethik und Moral
Ethik und Moral sind fun­da­men­ta­le Aspek­te einer guten Ver­bands­füh­rung. Ethik, abge­lei­tet vom grie­chi­schen Wort „ethos“, befasst sich mit dem mensch­li­chen Han­deln und – ein­fach gesagt – der Unter­schei­dung von Gut und Böse. Sie soll Men­schen hel­fen, auf die­ser Grund­la­ge immer die rich­ti­gen Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Moral, abge­lei­tet vom latei­ni­schen „mora­lis“, bezeich­net die all­ge­mein aner­kann­ten Regeln und Ver­hal­tens­mus­ter einer Gesellschaft.

Wer­te und Ver­ant­wor­tung
Wer­te sind ein wesent­li­cher Bestand­teil jeder Orga­ni­sa­ti­on und befin­den sich im ste­ti­gen Wan­del. Sie müs­sen kon­ti­nu­ier­lich hin­ter­fragt und ange­passt wer­den. Ein unab­hän­gi­ger Blick von außen, etwa durch eine Ethik­kom­mis­si­on oder einen Good Gover­nan­ce-Beauf­trag­ten, kann dabei hel­fen, die Bedeu­tung fun­da­men­ta­ler Wer­te immer wie­der ins Bewusst­sein zu rücken und die Ein­hal­tung die­ser Wer­te zu sicherzustellen.

So geht die prak­ti­sche Umset­zung im Verband

Tho­mas Neu emp­fiehlt Ver­ant­wort­li­chen in Sport­ver­bän­den und ‑ver­ei­nen die Instal­la­ti­on eines/einer Gover­nan­ce-Beauf­trag­te/n oder einer Ethik­kom­mis­si­on, die unab­hän­gig agie­ren und vom Ver­band ein­ge­setzt wer­den soll­ten. Auch die Ein­rich­tung einer Beschwer­de- und Bera­tungs­stel­le im Ver­band kommt in Betracht. Die Auf­ga­ben umfas­sen unter ande­rem die prä­ven­ti­ve Bera­tung, die Prü­fung von Ver­stö­ßen und die Wei­ter­ga­be von Emp­feh­lun­gen an die zustän­di­gen Gremien.

Das Vor­ge­hen bei Mel­dun­gen und Ver­stö­ßen soll­te jeder­zeit trans­pa­rent sein und fol­gen­de Schrit­te umfas­sen: Bewer­tung der Infor­ma­tio­nen, Prü­fung des Sach­ver­halts, Ein­lei­tung einer Unter­su­chung, Anhö­rung der Betei­lig­ten, Wei­ter­ga­be der Ergeb­nis­se, Sank­tio­nen und Infor­ma­ti­on an den Hinweisgeber.

Dar­über hin­aus sind regel­mä­ßi­ge Schu­lun­gen und Info­ver­an­stal­tun­gen wich­tig, um alle Mit­glie­der und Mit­ar­bei­ter auf dem Lau­fen­den zu hal­ten. So wer­den die Gover­nan­ce und Com­pli­ance ver­ste­tigt und immer wie­der als Wesens­kern des Ver­ban­des oder Ver­eins breit zugäng­lich gemacht

Risi­ken vor­zei­tig rich­tig einschätzen

Um bereits im Vor­feld typi­sche Risi­ken zu ana­ly­sie­ren, rät Tho­mas Neu zum struk­tu­rier­ten Sam­meln und Bewer­ten von typi­schen Risi­ken. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se im Bereich Finan­zen der fal­sche Umgang mit Zuwen­dun­gen und Mit­tel­zu­wei­sun­gen, aber auch Kor­rup­ti­on. Auch Macht­miss­brauch, Ver­ge­hen um die Inte­gri­tät des Wett­kampfs (z.B. Doping) sowie sexua­li­sier­te Gewalt, Dis­kri­mi­nie­rung und Ras­sis­mus gehö­ren dazu. „Die Risi­ken von Ver­bän­den oder Ver­ei­nen kön­nen sehr unter­schied­lich sein; je nach Grö­ße, Struk­tur, Sport­art, finan­zi­el­ler Situa­ti­on“, stellt Tho­mas Neu fest. Für die Ein­schät­zung und Bewer­tung von Risi­ken emp­fiehlt er die Erstel­lung einer Risikomatrix.

Fazit: Regeln hin­ter­fra­gen und anpas­sen – Zukunft sichern

„Good Gover­nan­ce beschreibt den Anspruch, die zur Ver­fol­gung der Ver­bands­zie­le not­wen­di­ge Ver­bands­steue­rung und das Ver­bands­han­deln an ethi­schen Maß­stä­ben aus­zu­rich­ten“, resü­miert Tho­mas Neu. In einer sich stän­dig wan­deln­den Welt sei es mehr denn je not­wen­dig, bestehen­de Rege­lun­gen und Nor­men kon­ti­nu­ier­lich zu hin­ter­fra­gen und anzu­pas­sen, um die Hand­lungs­fä­hig­keit des Ver­ban­des zu sichern und sei­ne Wer­te zu bewahren.

 

 Ju-Jutsu Ver­band Bay­ern e.V. 

 

Tho­mas Neu,

Abtei­lungs­lei­ter Ju-Jutsu Fürth 1860