Wir alle nutzen sie – in unserem Alltag, bei der Arbeit, in der Freizeit, beim Sport. Über die Digitalisierung und das mobile Internet sind Medien allgegenwärtige Begleiter unseres Daseins geworden. Sie machen vieles leichter, dafür lieben wir sie. Und sie machen gleichzeitig vieles komplizierter, und manchmal gefährlich, dafür begegnen wir ihnen mit Skepsis, Ablehnung und zum Teil auch Furcht. Aus gutem Grund hatte TEAM Sport-Bayern also am 19. November und 3. Dezember 2023 zum „Praxisworkshop Medienkompetenz“ eingeladen. Die Leitung hatte Sabine Jörk, Lehrbeauftragte für Kommunikations-wissenschaften / Medienpädagogik / qualitative Forschungsstrategien an der Hochschule München.
Die Veranstaltung ist eines der Ausbildungsmodule für Demokratietrainer/innen und Demokratie-berater/innen im Rahmen des TSB-Projekts „SPORTVERBÄNDE – STARK FÜR DEMOKRATISCHE WERTE“ und wurde ganz im Sinne des Themas online per Teams durchgeführt. Mit dabei waren zwölf Teilnehmende, entweder im Rahmen der Ausbildung oder als externe Gäste, zum Beispiel dem Bayerischen Ju-Jutsu- oder dem Eissport-Verband.
Geballte Medien- und Sporterfahrung
Die Referentin Sabine Jörk ist nicht nur eine ausgewiesene Medien- und Medienpädagogik-Expertin. Als Mitinhaberin der Kampfsportschule Combat Sports Center (CSC) in Emmering kennt sich Sabine auch bestens im Sport aus und weiß aus eigener Erfahrung um all die Herausforderungen, die sich gerade hier mit medialer Kommunikation verbinden.
Der Praxisworkshop Medienkompetenz spannte ein breites Themen- und Übungsspektrum auf. Dabei gelang es immer wieder, die oft „trockene“ Rechtsmaterie mit Beispielen aus der Kommunikationspraxis, wie sie auch in der Vereins- oder Verbandsarbeit an der Tagesordnung sind, lebendig und anschaulich zu „übersetzen“.
Eine immer breitere Datenspur
Da ging es um die Basics der medialen Kommunikation, um den Umgang mit Daten, Fotos und Videos sowie um geistiges Eigentum. All dies begegnet uns jeden Tag, sei es beim Surfen im Internet, der Nutzung von Smartphones und Social Media oder im Gebrauch von Apps. Überall „füttern“ wir dazu Plattformen und Dienste mit Daten aller Art und hinterlassen einen immer umfassenderen digitalen Fußabdruck.
Um Missbrauch zu verhindern und Schaden an den Persönlichkeitsrechten abzuwehren, hat der Gesetzgeber auf europäischer, nationaler sowie auf Landesebene dem Datenschutz eine hohe Priorität zugewiesen, etwa über die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder das Bayerische Datenschutzgesetz (BayDSG). Wie so oft bei gesetzlichen Regelungen, klingt das alles oft zunächst sehr sperrig und praxisfern. Notwendig ist Datenschutz trotzdem, wie Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, feststellt: „Beim Datenschutz geht es nicht um den Schutz von Daten. Im Mittelpunkt steht das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und damit der Mensch.“
Nutzungsbedingungen verstehen
Im Workshop nahm Sabine die Teilnehmenden dann mit in normalerweise wenig ausgeleuchtete Tiefen der medialen Kommunikation. Zum Beispiel bei der Frage, welche Berechtigungen Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Threema von den Nutzer/innen einfordern. Und welche Informationen von den Anbietern über die Sicherheit, die Verwendung und Erfassung der eingegebenen Daten sowie die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Die Klärung solcher Fragen – auch wegen der gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben – ist sicher etwas mühselig, aber essenziell, wenn man sich im Verein beispielsweise entschließt, eine Trainingsgruppe über WhatsApp zu organisieren und untereinander zu vernetzen.
Ein für die Mediennutzung besonders wichtiger – viel zu oft aber leider völlig vernachlässigter – Aspekt ist das Recht am eigenen Bild. Schnell mal im Training oder Wettkampf mit dem Handy ein Foto geschossen oder ein Video gedreht und gleich auf Social Media gepostet kann genauso schnell rechtlich sehr heikel und sogar eine Straftat sein. Hier gilt wie überall im Rechtsraum: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Juristisch angreifbar, so die Referentin, sei das Veröffentlichen von Fotos von anderen Personen ohne deren ausdrückliche Zustimmung im „höchstpersönlichen Lebensbereich“ und – eigentlich selbstverständlich! – nicht auf der Toilette oder in der Umkleidekabine. Einige wenige Ausnahmen hat der Gesetzgeber klar benannt. Dazu zählen etwa Bildnisse der Zeitgeschichte, Personen als „Beiwerk“, Versammlungen und Aufzüge oder Rechtspflege und öffentliche Sicherheit.
No Go’s im Umgang mit geistigem Eigentum
Ebenso klar wie streng geregelt ist auch der Umgang mit geistigem Eigentum. Hier setzt das Urheber-recht der Weiterverbreitung von Fotos, grafischen Erzeugnissen sowie von Texten aus fremden Federn enge Grenzen. Also mal eben ein Foto oder eine Story aus dem Netz kopieren, um damit einen eigenen Post oder einen Beitrag in der Vereinszeitschrift „aufzuhübschen“, ist ohne die vorherige Klärung der Urheber- und Nutzungsrechte nicht erlaubt und kann Abmahnungen und sogar empfindliche Strafen nach sich ziehen.
Was medial geht und rechtlich zulässig ist, konnten die Workshop-Teilnehmenden auf spielerische Weise in einem Quiz herausfinden. Erlaubt oder nicht erlaubt, hieß es da. Zum Beispiel: Wie steht es mit dem Runterladen von Raubkopieen eines Kinofilms aus dem Internet? Oder ist es erlaubt, Tiktok-Videos teilen? Oder Cheats für Games posten, um so bestimmte von den Spielen vorgesehen Beschränkungen zu umgehen?
Im Fall des Falles professionelle Hilfe suchen
Eine Frage bewegte die Teilnehmenden besonders: Was tun, wenn das Kind dann doch einmal in den „(Rechts-)Brunnen“ gefallen ist? Für welche Internetaktivitäten kann man Abmahnungen bekommen? Und wie reagiert man darauf? Der Tipp der Expertin: die abgemahnten Posts, Bilder oder Musik erst einmal löschen und dann am besten gleich professionelle anwaltliche Hilfe suchen.
Einen weiteren Schwerpunkt im Praxisworkshop Medienkompetenz bildete die Bewertung von Informationen aus dem Netz. Also danach zu fragen, wie Informationen überhaupt entstehen und über Algorithmen, Machine Learning und Künstliche Intelligenz ihren Weg zu den Nutzer/innen finden. Welche Rollen Suchmaschinen spielen und wie Fake-News, Hate-Speech und Verschwörungserzählungen den Weg zur Wahrheit versperren. Dass solche mitunter abstrusen Geschichten oft große Verbreitung erzielen und häufig geglaubt werden, hat viele Gründe. Zum Beispiel, dass negative Meldungen generell mehr Aufmerksamkeit erfahren und sich besser einprägen. Zudem verstärken Filterblasen die Meinungsbilder.
Fake-News entlarven
Im Workshop gingen die Teilnehmenden gezielt der Frage nach, wie man falsche oder irreführende Meldungen erkennt und welche „Mechanik“ beim Schüren von Angst und/oder Hass zum Einsatz kommt. Dazu gehören etwa aus dem Kontext gerissene Meldungen, manipulierte Nachrichten oder auch komplett frei erfundene Geschichten. Verschwörungserzählungen knüpfen in der Regel an realen Ereignissen oder Personen an, um diese dann über vermeintliche Plausibilitäten in einem abenteuerlichen Konstrukt zusammenzubringen. Das kann die Geschichte von der inszenierten Mondlandung sein, den Weltherrschaftsfantasien von Bill Gates und außerirdischen Echsenmenschen oder von der angeblichen Impf-Lüge und ihren Folgen.
Der Erfolg solcher Desinformation, so die Erkenntnis der Teilnehmenden, liegt maßgeblich in den einfachen und schnellen Verbreitungswegen, im Unwissen und der unkritischen Weiterleitung sowie in der mangelnden Überprüfung des Wahrheitsgehaltes einer vermeintlich „logischen“ Geschichte. Dass hinter Fake-News und Desinformation in den sozialen Netzwerken nicht immer nur reale Menschen, sondern zunehmend auch Social Bots (also entsprechend programmierte Algorithmen) stehen, erschwert die Handhabe dagegen noch deutlich.
Der beste Schlüssel, um in der immer komplexer werdenden Medienwelt zu bestehen, ist Medienkom-petenz. Der Praxisworkshop, so das Fazit der Teilnehmenden, hat hier wichtige Einblicke und Erkenntnisse gebracht. Zum Beispiel beim Erstellen einer Checkliste zur Überprüfung und Bewertung von Online-Quellen oder den „5 Schritten zum/zur Fakten-Checker/in“. Ganz nach dem TSB-Motto „aus der Praxis für die Praxis“.